Einflüsse der Kommunikation mit Experten auf die Bewertung uneindeutiger wissenschaftlicher Evidenz: Cognitive Tuning und Social Tuning

Sozialpsychologie

Der Nutzen von Regelimpfungen, die mögliche Schädlichkeit von Mobilfunkmasten, die Rolle der Kernenergie angesichts des Klimawandels – zu all diesen Themen versorgt uns die Wissenschaft mit wichtigen, aber oft auch unübersichtlichen und widersprüchlichen Information. Gerade wenn die Themen uns beschäftigen oder gar existenzielle Bedeutung haben, dann wollen wir uns ein Urteil bilden. Dies erlaubt es uns, eine Position zu beziehen und unsere Entscheidungen und Handlungen daran auszurichten.

In unserem Projekt beschäftigen wir uns damit, welche Faktoren dazu beitragen, sich in einem Gespräch ein Urteil zu solchen Themen zu bilden, zu denen es widersprüchliche Informationen gibt. Zunächst schauen wir uns dazu an, welche Informationen über die Gesprächssituation und die eigene Voreinstellung (z.B. eher positiv zu Regelimpfungen) bereits einen Einfluss auf die Meinungsbildung haben können, bevor man die Position oder Meinung des Gesprächspartners überhaupt kennt. Angenommen man erwartet ein Gespräch über den Klimawandel mit einem Laien oder einem Klimaexperten. Wir vermuten, dass die bestehende Voreinstellung eher verstärkt wird, wenn ein Gespräch mit einem Laien ansteht. Denn ein Experte könnte wohl eher kritische Rückfragen stellen, weshalb man sich noch nicht ganz festlegen mag. Spielt es zudem eine Rolle, ob man zunächst selbst etwas über das Thema erzählen soll oder weiß, dass der andere einem etwas über das Thema erzählen wird?

Was passiert darüber hinaus, wenn die Meinung einer Expertin bzw. eines Experten zu solchen uneindeutigen Themen bekannt ist? Welche Faktoren tragen dazu bei, dass man seine eigene Meinung an die Meinung des Gesprächspartners zum entsprechenden Thema anpasst? Dabei spielt nach unseren Überlegungen das Gefühl der persönlichen Verbundenheit mit der Expertin oder dem Experten eine zentrale Rolle. Das Ausmaß der empfundenen Verbundenheit soll gezielt experimentell variiert werden. Welchen Einfluss hat es, ob der Gesprächspartner die eigenen Mitteilungen unmittelbar sieht und darauf reagieren kann oder ob er erst zeitverzögert darauf reagiert, wie es z.B. in Internetforen oder in Email-Kommunikation der Fall ist? Passen wir unsere Meinung eher an die Meinung des Gesprächspartners an, wenn dieser persönliche Informationen über sich preisgibt und wenn er durch seine Sprache größere Verbundenheit mit uns zeigt? Eine größere Verbundenheit könnte auch schon dadurch erreicht werden, dass der Gesprächspartner „wir“ im Gegensatz zu „Sie und ich“ verwendet und damit sich selbst und seinen Gesprächspartner als eine Einheit darstellt.

Projektbezogene Publikationen:

Echterhoff, G. (in press a). The creation of shared reality in interpersonal communication: The role of epistemic processes. European Review of Social Psychology.

Echterhoff, G. (in press b). Shared reality theory. In B.S. Turner (Ed.), Wiley Blackwell Encyclopedia of Social Theory. New York: Wiley.

Echterhoff, G. & Kopietz, R. (in press). The socially shared nature of memory: From joint encoding to communication. In M. Meade, A. Barnier, C. Harris, & J. Sutton (Eds.), Collaborative remembering: How remembering with others influences memory. Oxford University Press.

Bebermeier, S., Echterhoff, G., Bohner, G., & Hellmann, J.H. (2015). The generalization of shared reality: When communication about one target shapes evaluations of other targets. European Journal of Social Psychology, 45, 623-640.

Konressbeiträge:

Knausenberger, J. & Echterhoff, G. (2016, July). The influence of communication with experts on lay people’s memory for inconsistent scientific evidence. Symposium presentation at the 6th International Conference on Memory (ICOM 6) in Budapest (Hungary).

Echterhoff, G. (2016, February). Invited guest lecture at the Department of Psychology, University of Bielefeld, February 2016, on shared reality in interpersonal communication with a focus on the role of the communication partner’s epistemic expertise

Knausenberger, J. & Echterhoff, G. (2015, September). Cognitive Tuning bei der Kommunikation mit Experten zu uneindeutiger wissenschaftlicher Evidenz [Cognitive Tuning in communication with experts regarding ambigous scientific evidence]. Oral presentation at the Meeting of the Fachgruppe Sozialpsychologie (Social Psychology Division of the German Psychological Society), University of Potsdam, Germany.

Knausenberger, J. & Echterhoff, G. (2015, September). Einflüsse der Kommunikation mit Experten auf die Bewertung uneindeutiger wissenschaftlicher Evidenz: Cognitive Tuning [Influences of communication with experts on the judgment of ambigous scientific evidence: Cognitive Tuning]. Oral presentation at the Annual Meeting of the DFG priority program “Wissenschaft und Öffentlichkeit” [Science and the Public], University Koblenz-Landau, Germany.

Knausenberger, J. & Echterhoff, G. (2015, May). Effects of Communication with Experts on the Evaluation of Ambiguous Scientific Evidence: Cognitive Tuning and Social Tuning. Oral presentation at the PhD school of the DFG priority program “Wissenschaft und Öffentlichkeit” [Science and the Public], University of Marburg, Germany.

Antragssteller 1:
Prof. Dr. Gerald Echterhoff
Universität Münster
Institut für Psychologie
AE Sozialpsychologie
Fliednerstr. 21
48149 Münster
0251/83-34386
g.echterhoff@uni-muenster.de
Website
Forschungsschwerpunkte/-interessen
Sozialer Einfluss auf Einstellungen und Gedächtnis, social contagion
Interpersonelle Kommunikation und Beziehungen
Soziale Kognition (Einflüsse von Sprache, u.a. Metaphern, situated cognition)
Simulation (mirroring) und Attribution von Handlungen und mentalen Zuständen
Intergruppenbeziehungen
Soziale Realitätsbildung
Emotionen (Reaktionen auf Untreue; Eifersucht) im sozialen Kontext

Projektmitarbeiter 1
Dipl.-Psych. Judith Knausenberger
Universität Münster
Institut für Psychologie
AE Sozialpsychologie
Fliednerstr. 21
48149 Münster
0251/83 343 81
judith.knausenberger@uni-muenster.de
Website
Forschungsschwerpunkte/-interessen
Politische Psychologie
Intergruppenprozesse
Konflikte (zwischen Gruppen und Individuen)
Interpersonelle Kommunikation;



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