Page 32 - SPP Abschlussbroschüre
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Die Rolle moralischer Heuristiken bei der Verarbeitung fragiler und konfligierender Evidenz von gesellschaftlichen RisikenKurzbeschreibungGesellschaftlich relevante Entwicklungen und Technologien wie die globale Erderwärmung, die Gen- und Nanotechnologie, der Terrorismus und andere Risiken werden hinsichtlich ihrer Ursachen und Konsequenzen in der Öffentlichkeit und in der Wissenschaft meist kontrovers diskutiert. Nicht selten gehen epistemische Risikobewertungen von Wissenschaftlern und Nicht-Wissenschaftern dabei deutlich auseinander. Man könnte nun zum einen vermuten, dies läge daran, dass es Nicht-Wissen- schaftern schwerfällt die wissenschaftlichen Zusammenhänge zu verstehen und angesichts widerstreitender wissenschaftlicher Befunde und Interpretationen eine eigene Bewertung vorzu- nehmen. Zum anderen aber sprechen gesellschaftliche Risiken oft grundlegende ethische Fragen an. Die enge Assoziation mo- ralischer und epistemischer Bewertungen und die Moralisierung von Evidenz ist ein kennzeichnendes Merkmal des öffentlichen Diskurses über gesellschaftliche Risiken.Inwiefern moralische Aspekte und die Wahrnehmung der wissenschaftlichen Befundlage als besonders heterogen versus homogen die Bewertung gesellschaftlicher Risiken durch Laien beeinflusst, ist Kernfrage des Projektes. Wir untersuchen die Hy- pothese, dass Unsicherheiten bei der Bewertung uneindeutiger und konfligierender wissenschaftlicher Evidenz durch eine Reihe von Moralheuristiken aufgelöst werden.Eine Heuristik ist ein intuitiver Mechanismus zur Bewertung eines Sachverhaltes hinsichtlich eines distalen Attributes, wel- ches durch ein promixales Attribut ersetzt wird; man spricht hier von Attributsubstitution. Im Rahmen einer auf Moralheuristiken basierenden Risikobewertung wird zunächst die moralische Qualität einer Handlung beurteilt. Ein epistemisches Urteil, etwa wie richtig oder wahrscheinlich ein Sachverhalt ist, wird hierbei durch ein moralisches Urteil, etwa wie verwerflich eine entspre- chende Handlung ist, ersetzt. Moralische Urteile basieren auf moralischen Emotionen wie Empörung oder Abscheu, die als unmittelbare Reaktion auf moralisch besetzte Stimuli entstehen. Zusammenfassend vermuten wir, dass Risikobewertungen auf moralischen Urteilen basieren, welche widerum aufgrund der In- tensität moralischer Emotionen gefällt werden. Wir nehmen an, dass Moralheuristiken umso eher aktiviert werden, je uneindeu- tiger und konfligierender die verfügbare Evidenz für ein Risiko ist.Laufzeit2011-2013AntragstellerInnenProf. Dr. Hans-Rüdiger Pfister, pfister@uni-lueneburg.de Prof. Dr. Gisela Böhm, gisela.boehm@psysp.uib.noUniversitäten & InstituteLeuphana Universität Lüneburg, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Institut für Experimentelle Wirtschaftspsychologie (LüneLab)University of Bergen, Norway, Faculty of Psychology, Department of Psychosocial Science / DICE Research GroupMitarbeiterInnenClaudia Bassarak, bassarak@leuphana.deIm Projekt entstandene/entstehende DissertationenBasserak, C. (in Vorb.). “I think it’s wrong, therefore it MUST be risky” – Moral aspects of societal risks and the role of scientific evidence.Projektbezogene Publikationen (Auswahl)Bassarak, C.; Pfister, H.-R. & Böhm, G. (in press). Dispute and morality in the perception of societal risks: extending the psychometric model. Journal of Risk Research. doi: 10.1080/13669877.2015.1043571.32


































































































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