Page 6 - SPP Abschlussbroschüre
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Evidenzbearbeitung in der Wissenschaftsbericht- erstattung aktueller MassenmedienKurzbeschreibungDas Projekt fokussiert den journalistischen Umgang mit der typi- schen Fragilität wissenschaftlicher Evidenzen. Aus einer system- theoretisch-konstruktivistischen Perspektive fragt es, ob und wie Journalismus (Un-)Sicherheiten konstruiert. Konkret stellt das Projekt drei zentrale Forschungsfragen:Wie werden fragile und konfligierende Evidenzen wissen- schaftlicher Forschung in aktuellen Massenmedien dargestellt? Wie gehen Wissenschaftsjournalisten mit fragilem Wissen aus der Wissenschaft um? Welche redaktionellen Rahmenbedingun- gen prägen Evidenzbearbeitungen in der Wissenschaftsbericht- erstattung?Zur Beantwortung dieser Fragen hat das Projekt die Bericht- erstattung über medizinische Themen sowie die dafür zuständi- gen Journalisten in den Blick genommen. Zunächst wurde über neun Monate eine Inhaltsanalyse der Berichterstattung über Ge- sundheit/Medizin in 17 deutschen Medienangeboten aller Me- diengattungen durchgeführt. Anschließend wurden 13 der für diese Berichterstattung zuständigen Journalisten in Leitfaden- interviews befragt, um so das Zustandekommen der Medienin- halte nachzuvollziehen.Im Projekt wurden die Berichterstattung über medizinische Themen sowie die dafür zuständigen Journalisten in den Blick genommen.Die Inhaltsanalyse deutet darauf hin, dass die typische Unsicher- heit wissenschaftlichen Wissens in der Berichterstattung nicht zum Ausdruck kommt. In den insgesamt analysierten 1.971 Bei- trägen spielen Unsicherheiten nur eine nebengeordnete Rolle. Wenn überhaupt auf Unsicherheiten verwiesen wird, dann ge- schieht dies eher implizit durch die Verwendung des Konjunk- tivs oder den Einsatz von Modaladverbien. Explizite Hinweise auf Zweifel, Debatte oder Fehler sind selten; genau wie die Zi- tation sich widersprechender Wissenschaftler oder die Präsen- tation widersprüchlicher Forschungsergebnisse. Die Evolution wissenschaftlichen Wissens, die Indikator für die Vorläufigkeit von Evidenzen sein kann, kommt kaum zum Ausdruck. Auf den aktuellen Forschungsstand wird genauso wenig hingewiesen wie auf den Forschungsbedarf. Erklärungen, warum Informatio- nen als sicher dargestellt werden (etwa durch den Verweis auf die Qualität der zugrunde liegenden Quelle) sind ebenso selten wie Erklärungen für die (seltenen) Hinweise auf die Unsicherheit wissenschaftlicher Informationen. Zwar fallen medienspezifischeLaufzeit2009-2011AntragstellerInnenProf. Dr. Bernd Blöbaum, bernd.bloebaum@uni-muenster.deUniversitäten & InstituteWestfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für KommunikationswissenschaftMitarbeiterInnenDr. Daniel NöllekeProjektbezogene Publikationen (Auswahl)Blöbaum, B., & Nölleke, D. (2012). “If you doubt leave it out!“ Journalists‘ Processing of Uncertain Scientific Information. Full paper presented at the 1st Conference on Journalism Studies, Santiago de Chile, 27.-29.06.2012.Nölleke, D. (2013). Experten im Journalismus: Systemtheoretischer Entwurf und empirische Bestandsaufnahme. Baden-Baden: Nomos.Nölleke, D. (2015 [im Erscheinen]). Journalistischer Katastrophenhype? Wie Medien über Gesundheitskrisen berichten. In TMF - Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (Hrsg.), Handreichung Wissenschafts- kommunikation in der Gesundheitsforschung.Blöbaum, B. (2016 [im Erscheinen]): Wissenschaftsjournalismus. In: H. Bonfadelli et al. (Hrsg.): Forschungsfeld Wissenschaftskommunikation. Springer VS.6